Mittwoch, 20. Mai 2015

Perlen im Staub der Straße

Schon des Öfteren habe ich mir überlegt: "warum eigentlich immer nur das Elend fotografieren?"

Hätte ich eine wirklich gute Kamera, das Talent zu fotografieren, würde ich mich auf einer der nächsten Touren Richtung Süd- oder Osteuropa darauf beschränken all die Perlen im Staub zu suchen und zu dokumentieren.
Wahre Schönheiten, echte Charakterhunde, die man immer wieder in all dem Elend entdecken kann.
Hunde, die ihren Stolz bewahrten, ihre Freude am Leben zeigen.

Rassentypische Verhaltens- und Hormonprobleme bei Kleinhunden

Kleinhunde – Zwischen Job und Kindchenschema   

Kleine Hunde scheinen für die Haltung in unserer immer enger werdenden Welt optimal geeignet zu sein. Oft vermuten gerade auch ältere Menschen, dass ein Kleinhund für sie besser geeignet wäre als ein grösserer Artgenosse. Stimmt das wirklich?
Text:  Sophie Strodtbeck und Udo Ganslosser
Die Statistik spricht jedoch hier eine andere Sprache. Der amerikanische Hundeforscher Professor James Serpell und sein Team von der Veterinärfakultät der Universität von Pennsylvania haben viele amerikanische Hundehalter nach den Eigenschaften und Auffälligkeiten ihrer Lieblinge befragt. Die Auswertung erfolgte in mehreren wissenschaftlichen Veröffentlichungen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten. Uns interessiert hier allerdings ganz besonders die Frage nach der Häufigkeit von Beissvorfällen bei Kleinhunden. Das Ergebnis verwundert zunächst. Beim Angriff auf Fremde führt der Dackel vor dem Chihuahua die Rasseliste an, und zwar in beiden Fällen mit sehr viel höheren Prozentzahlen als irgendeine andere Rasse. Auch der Jack Russell Terrier und der Beagle finden sich noch in der vorderen Gruppe. Beim Angriff auf Hunde sind Jack Russell Terrier, Chihuahua und Dackel ebenfalls noch vor dem Deutschen Schäferhund, Dobermann oder gar Rottweiler zu finden. Ebenso aussagekräftig ist die Statistik des Angriffs auf eigene Besitzer. Dort findet man den Dackel auf Platz 2, den Amerikanischen Cocker Spaniel auf Platz 3, Chihuahua und Jack Russell Terrier auf Platz 4 und 5. Betrachtet man die Werte von Aggression gegen Fremde und Furcht vor Fremden gemeinsam, so sind Dackel und Chihuahua in der Spitzengruppe. Auch Yorkshire Terrier, West Highland Terrier und Pudel finden sich weit über dem Durchschnitt.
Giftzwerg?!  
Eine mögliche Erklärung für die häufigen Verwicklungen in Aggressionsvorfälle ist, dass nach allgemeinem Verständnis kleine Hunde entweder nicht erzogen werden müssten oder (sprichwörtlich beim Dackel) ohnehin nicht erziehbar seien. Dabei zeigen viele kompetent arbeitende Jäger, dass es sehr wohl möglich ist, auch einen Dackel oder einen Jack Russell zum perfekt erzogenen Mitarbeiter zu machen.
Eine Quelle des Missverständnisses ist sicherlich auch die Tatsache, dass nicht alle Kleinhunde ursprünglich nur als kleine Gesellschaftshunde gezüchtet wurden. Die Vielzahl der kleinen Rassen macht es nahezu unmöglich, ihre Aufgaben im Einzelnen zu vergleichen. Genannt seien jedoch viele, die zur Bekämpfung von Mäusen und Ratten eingesetzt wurden, hier besonders die Kleinterrier, oder die als lebende Alarmanlagen auf kleineren Anwesen arbeiteten, wie etwa die kleinen Spitzrassen. Von besonderer Problematik ist möglicherweise auch die Art, wie kleine Hunde, etwa die Bauhundrassen Dackel oder Jack Russell Terrier, bei der Jagd eingesetzt wurden. Hier ging es nicht darum, aus dem Funktionskreis des Beutefangverhaltens Spuren zu suchen und anschliessend flüchtendes Wild zu verfolgen, sondern vielmehr darum, den Dachs oder Fuchs im Bau aufzuspüren und hinauszutreiben. Das bedeutet, dass die dabei eingesetzten Verhaltensweisen wohl nicht dem Funktionskreis des Beutefangs, sondern entweder der innerartlichen oder der zwischenartlich aggressiven Konkurrenz entstammen. Hier wird also mit echter Aggression gearbeitet und nicht mit Jagdverhalten. Dies ist besonders wichtig für die bei kleinen Hunden oftmals auftretende übertriebene Aggressivität, die dann eben auch auf andere Situationen, Begegnungen mit anderen Hunden oder gar Menschen umschlagen kann.
Ebenso erklärt sich aus der Rassegeschichte der arbeitenden Kleinhunde, dass sie sehr unabhängig vom Menschen arbeiten mussten. Die Ergebnisse sind auch heute noch erkennbar. Werden Bauhunde, etwa Dackel oder kleinere Terrier, vor eine schwer oder gar nicht lösbare Aufgabe gestellt, so dauert es viel länger, bis sie zum Beispiel Hilfe von ihrem Menschen erfragen, als dies bei Apportierhunden, Hütehunden und anderen mit dem Menschen kooperierenden Rassen der Fall ist (siehe vorigen Bericht im SHM 9/12).
Grössenwahn?! 

Die genannten rassengeschichtlichen Einflüsse und die leider oftmals falschen Vorstellungen der Halter sind jedoch wohl nicht der einzige Grund dafür, dass Kleinhunde bisweilen geradezu grössenwahnsinnig sind. Möglicherweise liegt die Ursache dabei schon im Erbgut selbst. Es wurde nachgewiesen, dass ein einziges Gen auf einem der Chromosomen der Hunde für die Wachstumsbremse verantwortlich ist. Das bedeutet, dass diese Genvariante eben dafür sorgt, dass kleine Hunde früher aufhören zu wachsen als grössere Rassen. Das selbe Gen steuert auch den Persönlichkeitsfaktor Kühnheit bzw. Wagemut. Es gibt also möglicherweise eine genetische Kopplung zwischen Kleinwuchs und Wagemut, weil das selbe Gen an verschiedenen Stellen des Gehirns und des Körpers unterschiedliche Wirkungen entfaltet. So etwas nennt man Pleiotropeneffekt. Dies ist das gleiche Phänomen wie beim Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Persönlichkeit, der in einem der folgenden Beiträge ausführlicher erläutert werden wird. Die selbe Genvariante scheint auch mit der Langlebigkeit von Hunden gekoppelt zu sein. Die Tatsache, dass kleine Hunde oftmals wesentlich älter werden als grössere Rassen hat also möglicherweise denselben genetischen Hintergrund wie ihre gelegentliche Angriffslust und ihre geringere Körpergrösse. Andere Genorte, die den Stoffwechsel der aktivierenden Botenstoffe, beispielsweise die Katecholamine Noradrenalin («Kampfhormon») oder Dopamin («Selbstbelohnungsdroge»), steuern, sind ebenfalls bei vielen Kleinhunderassen identifiziert worden. In dieser Untersuchung einer japanischen Arbeitsgruppe ergaben sich deutliche Unterschiede in der genetischen Ausstattung des Katecholaminsystems zwischen Zwergschnauzern und Maltesern gegenüber beispielsweise Golden Retrievern und Labrador Retrievern.
In einer kürzlich veröffentlichten Studie wurde der «Grössenwahn» der Kleinhunde noch mit anderen physikalischen Methoden belegt. Man spielte Hunden aus einem Lautsprecher Knurrlaute vor, die technisch so verändert waren, dass sie auf Hunde unterschiedlicher Körpergrösse schliessen liessen. Letztlich kann ja ein kleiner Hund aus rein physikalischen Gründen nicht so tief knurren wie ein grosser. Getestet wurde nun, ob und in welcher Weise die Hunde auf den vorgespielten Knurrlaut antworteten. Grosse und auch mittelgrosse Testhunde antworteten nahezu ausschliesslich auf Knurrlaute von Artgenossen ihrer eigenen Grössenkategorie. Kleine Hunde dagegen knurrten alle an. Ähnliches galt für einen optischen Attrappenversuch. Hierbei wurden Hundesilhouetten unterschiedlicher Grösse an die Wand projiziert. Auch dabei reagierten Kleinhunde ganz heftig auf Hunde aller Grössenkategorien, während mittelgrosse und grosse Hunde sich auch hier darauf beschränkten, mit gleich grossen Artgenossen zu kommunizieren.
Gesundheitliche Probleme?! 
Neben diesen aus verhaltensbiologischen und möglicherweise genetischen Gründen schon charakteristischen Eigenschaften wird jedoch auch der Körperbau selber den Kleinhunden oftmals zum Fluch. Zentral für das Verständnis dieser Probleme ist der Begriff der Allometrie. Kurz gesagt, bedeutet dieser Begriff, dass bei Verkleinerung oder Vergrösserung eines Tieres nicht alle Organe im gleichen Mass wie die gesamte Körpergrösse wachsen. Bekanntermassen haben beispielsweise sehr grosse Rassen ein kleineres Gehirn und sehr kleine Rassen ein im Verhältnis zur Körpergrösse gesehen relativ grösseres Gehirn. Bereits mit dieser unterschiedlichen Gehirngrösse werden wir anschliessend im Zusammenhang mit den Fehlentwicklungen in der Schädelbildung nochmals zu tun bekommen.
Die allometrischen Prinzipien gelten jedoch nicht nur fürs Gehirn, sondern für nahezu alle anderen inneren Organe oder auch das Skelett. So können bei Verkleinerung einer Tierart nicht alle Organe im gleichen Masse schrumpfen. Herz- und Kreislaufsystem oder auch das Darmsystem müssen schlichtweg grösser bleiben, sonst können sie ihre Aufgaben nicht erfüllen. Das wiederum bedeutet aber, dass zum Erreichen des gewünschten Minigewichts dann andere Organsysteme zurückbleiben müssen. Dies betrifft zum Beispiel das Skelett und auch die zugehörige Skelettmuskulatur – die Knochen kleiner Hunde sind daher oft besonders empfindlich und brüchig. Schon ein Sturz von einer oder zwei Treppenstufen kann lebensbedrohlich sein. Weil das Gehirn eben nicht beliebig verkleinert werden kann, ändert sich auch die Schädelgestalt. Das wiederum ist leider in der heutigen Zeit beim kleinen Gesellschaftshund schon wieder ein Selektionsfaktor. Das Kindchenschema mit den grossen, leicht hervorquellenden Augen, der gerundeten hohen Stirn, der kurzen bis nicht mehr vorhandenen Schnauze, alle diese Faktoren wirken auf viele Menschen unwillkürlich niedlich und lösen pseudoelterliche Gefühle aus. Je mehr ein Hund diesem Kindchenschema entspricht, desto herziger und niedlicher findet man ihn.
Leider lassen sich aber die genannten allometrischen Prinzipien dadurch nicht aushebeln. Kleine Hunde haben oft erhebliche Probleme in der Schädelbildung. Oftmals bleiben die Fontanellen, also die Fenster zwischen den Schädelknochen offen, oder das Kleinhirn passt nicht mehr in die Schädelhöhle und verschiebt sich so stark in den Rückenmarkskanal, sodass permanente neurologische Defekte und Störungen daraus resultieren. Gerade der letztgenannte Fall ist eine typische neurologische Erkrankung bei kleinen Hunden. Sehr oft findet man diesen Defekt bei Cavalier King Charles Spaniels, aber auch bei anderen Kleinhunderassen.
Auch die Hitzeempfindlichkeit vieler Kleinhunde geht unter anderem auf dieses Kindchenschema zurück. Möpse und andere besonders pummelige Kleinhunde haben ohnehin Schwierigkeiten, ihre Körpertemperatur über die Körperoberfläche zu regulieren. Besonders fatal wirkt sich aber die Verkürzung der Nasenräume und des Gaumensegels aus. Bei kurzer bis nicht mehr vorhandener Schnauze bleibt einfach kein Platz für die sogenannten Nasenmuscheln. Diese dünnen Knochenplättchen tragen die Nasenschleimhaut, die ja überwiegend nicht zum Riechen, sondern zur Kühlung der Luft und zur Wärmeabgabe benötigt wird.
Betrachtet man die Körperproportionen von kleinen und grossen Hunden, so fallen zwei unterschiedliche Gruppen dabei auf: Die eine Gruppe sind die weitgehend proportional verkleinerten Hunde, bei denen alle Organe und Knochen, soweit eben möglich, gleichermassen geschrumpft sind. Diese haben vor allem Probleme mit den bereits erwähnten dünnen und bruchanfälligen Knochen, mit den übergrossen inneren Organen, und sie sind gegebenenfalls auch temperaturempfindlich. Unproportional verkleinerte Hunde, etwa Dackel oder manche Kleinterrier, sind buchstäblich zu lang für ihre Grösse, da die Beine übermässig verkürzt erscheinen. Hier sind dann Rückenprobleme, Bandscheibenanfälligkeiten und andere orthopädische Schwierigkeiten zu befürchten. Unproportional auf Kindchenschema verkleinerte Kleinhunde haben die oben genannten Schwierigkeiten im Schädelverschluss und im Bau des Gehirns. Auch Zahnfehlstellungen, Atemprobleme und andere Schwierigkeiten sind im Falle unproportionaler Verkleinerung in Richtung Kindchenschema häufig.
Ein Hund ist ein Hund! 

Aus verhaltensbiologischer Sicht genauso bedeutsam ist jedoch, dass auch Kleinhunde als reguläre Hunde die gleichen Bedürfnisse und Ansprüche an ihre Haltung haben wie grössere. Auch Kleinhunde haben Beine zum Laufen, eine Nase zum Schnuppern und Zähne zum Kauen. Und sie haben ein Gehirn, dass mindesten ebenso trainierbar ist wie das von grösseren Rassen. Betrachten wir nochmals die Ergebnisse der bereits im letzten Teil ausführlicher behandelden Budapester Vergleichsstudie, so liegen die meisten Kleinhunde im Bereich Trainierbarkeit durchaus im Mittelfeld, teilweise auch oberhalb des mittleren Bereichs. Die folgende Tabelle zeigt einige charakteristische Werte:
Rasse Emotionale Stabilität Trainierbarkeit Geselligkeitmit Hunden Extrovertiertheit
Chihuahua 83 60 94 65
Dackel 53 61 73 49
Havaneser 20 50 38 69
Jack Russel 82 25 84 8
Zwergdackel 55 52 43 77
Zwergpinscher 92 46 54 9
Zwergpudel 60 51 78 79
West Highland 52 68 51 39
Yorkshire 86 79 49 40

Aus diesen Angaben und Erfahrungsberichten vieler Kleinhundehalter ergibt sich, dass wir kleine Hunde schlichtweg wie Hunde behandeln müssen. Kleine Hunde sind gut trainierbar, sind erziehbar und haben bei richtiger Führung mindestens ebenso viel Spass am Leben und an der Zusammenarbeit mit ihren Menschen wie grosse Rassen. Als «Couchpotato» sind sie genauso wenig geeignet wie ein grösserer Artgenosse. Wenn dies berücksichtigt wird und man bei der Anschaffung auf die Auswüchse eines einseitigen Rassenverkleinerungswahn verzichtet, können Kleinhunde nicht nur liebenswerte, sondern sehr bemerkenswerte Familienmitglieder und Kumpane werden.
Und darauf, dass man auch von den Haltern «normaler Hunde» mit einem Kleinhund oft nur milde belächelt wird, kann man zum Beispiel kontern: «Der ist nicht klein, das ist ein Konzentrat!»

 http://hundemagazin.ch/wp-content/uploads/2013/12/38-41_Verhalten.pdf

Freitag, 15. Mai 2015

Telefonische Erreichbarkeit der Pension

Da wir leider (ländlich wohnend bedingt) oftmals über kein sehr gutes Mobilfunknetz verfügen, können Sie uns am Besten unter der Festnetznummer:
02545-935868 erreichen.

Sollten wir uns mit unseren vierbeinigen Gästen draußen befinden, oder rufen Sie außerhalb unserer Öffnungszeiten (Mo.-Sa. von 8:00-12:00 und 14:30-19:00 Uhr) an hinterlassen Sie gern auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht inkl. Ihrer Telefonnummer, wir rufen dann schnellstmöglich zurück.

Mausi

https://www.youtube.com/watch?v=zRtuCZTcQ_Q

Mittwoch, 8. April 2015

„Ein häufiger Trugschluss: der Hund hat Angst vor Männern, weil er früher von einem Mann misshandelt wurde“
Karen B. London, PhD, ist Certified Applied Animal Behaviorist und hat sich als zertifizierte Hundetrainerin auf Hunde mit ernsten Verhaltensproblemen spezialisiert. In ihrem höchst interessanten Blogbeitrag, erklärt sie, warum die Schlußfolgerung: "der Hund hat Angst vor Männern, weil er früher von einem Mann misshandelt wurde" häufig eine Fehleinschätzung ist und was tatsächlich hinter dieser und anderen Ängsten steckt.
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Hunde, die von Natur aus ängstlich sind
Nicht jeder Hund, der ein „Angsthase“ ist, wurde misshandelt
Karen B. London, PhD, The Bark

"Er/sie muss misshandelt worden sein", ist ein Kommentar, den ich mit alarmierender Regelmäßigkeit höre. Wenn ein Hund sich duckt und zittert oder eine Person, die einen Hut trägt, anbellt und anknurrt, ist es natürlich, zu denken, dass diese starke Reaktion der Beweis für eine frühere harte Behandlung durch jemanden ist, der einen Hut getragen hat. Es ist leicht zu schlussfolgern, dass ein Hund, der vor Kindern Angst hat, durch die Nachbarskinder gequält wurde. Ebenso logisch ist es, anzunehmen, dass ein Hund nur aversiv auf einen Besen reagiert, wenn er zuvor schlimme Erfahrungen mit einen Besen gemacht hat.
Ohne jeden Zweifel, werden viel zu viele Hunde misshandelt, aber nicht alle Hunde, die scheinbar misshandelt wurden, wurden tatsächlich schlecht behandelt. Einige haben Angst, weil sie nicht ausreichend sozialisiert worden sind, oder haben eine genetische Veranlagung ängstlich zu sein oder beides. Misshandlung als Vorgeschichte, ist genauso häufig ein Faktor, wie sie es nicht ist.

Das häufigste Szenario, dass Menschen schlussfolgern lässt, dass ein Hund misshandelt wurde, ist ein Hund, der gut mit Frauen klarkommt, aber Angst vor Männern hat. Die Theorie, dass ein Hund möglicherweise durch einen Mann misshandelt wurde, wird nicht jedoch durch die Tatsache bewiesen, dass der Hund Angst vor Männern hat. Typischerweise haben Hunde mit Angst-Tendenzen mehr Angst vor Männern als von Frauen. Ich habe Hunderte von Hunden getroffen, die nur vor Männern Angst hatten, aber genau zwei, die Frauen mehr fürchteten. Tatsache ist, dass Hunde, die ängstlich sind, eine natürliche Neigung haben, mehr Angst vor Männern zu haben. Niemand weiß sicher, warum das so ist, aber es ist wahrscheinlich, dass ihre größere Körpergröße, breitere Schultern, eine tiefere Stimme und die Gesichtsbehaarung sie einschüchternder machen.
Einen weiteren Grund dafür, dass Hunde mehr Angst vor Männern haben könnten, liefert eine Studie, veröffentlicht im Journal Current Biology*. Wenn von einer Bewegung nur Leuchtpunkte sichtbar sind [beim Filmen werden Tiere oder Gegenstände mit reflektierenden Markierungen oder Punktlichtern an den großen Gelenken versehen und auf dem Video sind dann nur diese Leuchtpunkte sichtbar], nehmen Beobachter einen interessanten Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Bewegungen wahr. Figuren, mit einer als männlich wahrgenommen Gangart, scheinen sich zu nähern, während Figuren mit sowohl weiblicher, als auch geschlechtsneutraler Gangart, als sich entfernend wahrgenommen werden. Ängstliche Hunde haben normalerweise am meisten Angst, wenn etwas angsteinflößendes sich auf sie zu bewegt. Kein Wunder, dass sie Männer bedrohlicher finden, als Frauen.

Geruch könnte ein weiterer Faktor sein. Ein kürzlich durchgeführtes Experiment veröffentlich im Magazin Nature Methods**, hat gezeigt, dass Mäuse und Ratten, unterschiedlich auf männliche und weibliche Experimentatoren reagieren, weil sie unterschiedlich riechen. Das bedeutet, dass alle Verhaltensstudien von diesen Nagetieren möglicherweise durch das Geschlecht der Experimentatoren, die die Studie durchgeführt haben, beeinflusst wurden. Die Versuchstiere waren durch die Anwesenheit von Männern hoch gestresst und zeigten eine verminderte Schmerzreaktion; sogar T-Shirts, die zuvor von Männern getragen wurden (nicht aber die von Frauen getragenen) verursachten diese Reaktion.
Die Nager wurden durch die Gerüche von männlichen Tieren verschiedener Arten, darunter Hunde, Katzen, Meerschweinchen und sogar andere Nagetiere, ähnlich gestresst. Männer setzen bestimmte Pheromone in größeren Konzentrationen frei, als Frauen und diese angstauslösenden Botenstoffe sind bei Säugetieren verbreitet, was bedeutet, dass auch Hunde von ihnen beeinflusst werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Geruchsunterschiede Hunde beeinflussen und dafür sorgen, dass sie mehr Angst vor Männern haben.
Die Annahme, dass die Angst vor Männern, auf eine frühere Misshandlung durch einen Mann hinweist, ist nicht die einzige, die fehlerhaft sein kann. Viele Menschen sind sich sicher, dass Hunde, die negativ auf Menschen mit Hüten oder Rucksäcken reagieren, durch eine Person, misshandelt wurden, die diese Objekte trug. Auch hier gilt wieder: dies ist möglich, aber es ist wahrscheinlicher, dass der Hund einfach mit diesen Objekten selbst und der Art und Weise, in der sie das Aussehen eines Menschen verändern, nicht vertraut ist. Viele Hunde reagieren ängstlich auf eine veränderte Silhouette und zeigen beispielsweise Angst, beim Anblick eines Menschen, den sie kennen und lieben, wenn dieser einen Hut trägt. Sobald die Person den Hut abnimmt, wechselt der Hund zum freudigen Begrüßungsverhalten.

Ein weiterer, häufig missverstandener Bereich ist die Angst vor Kindern. Viele Hunde verhalten sich in der Nähe von Kindern schreckhaft, wegen deren unberechenbaren Verhalten, insbesondere wenn sie in einem frühen Alter nicht gut sozialisiert worden sind. Denn aus der Sicht eines Hundes verhalten sich Kinder eigenartig und nicht vorhersehbar. Sie wechseln schnell die Richtung, rollen auf dem Boden, bewegen sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, machen seltsame Geräusche und sind in der Regel aufgeregte, zweibeinige tanzende Derwische. Für Hunde, die von Natur aus ängstlich sind, können aufgeregte, laute, sich bewegende Menschen, unberechenbar sein und deshalb Angst auslösen. (Als Kehrseite gibt es ängstliche Hunde, die gut mit Kindern umgehen können, aber vor Erwachsenen Angst haben. In der Regel haben solche Hunde positive Erfahrungen mit Kindern und ihrem unvorhersehbaren Verhalten gemacht.)
Wenn die Ängstlichkeit eines Hundes vor bestimmten Typen von Menschen oder bestimmten Alltagsgegenständen nicht zwangsläufig bedeutet, dass der Hund misshandelt wurde, wie können Sie sich dann sicher sein, dass Ihr Hund in der Vergangenheit misshandelt wurde? Die ehrliche Antwort ist, dass – wenn Sie nicht die ganze Vorgeschichte ihres Hundes kennen – Sie das nie sicher wissen. Einige Hinweise können Ihnen jedoch zu einer begründeten Vermutung verhelfen. Misshandlung ist eine weniger wahrscheinliche Erklärung für die Ängstlichkeit eines Hundes, wenn die Reaktionen des Hundes zum Verhaltensmuster von Hunden passt, die von Natur aus ängstlich sind. Solche Hunde verhalten sich häufig vorsichtig in der Nähe von Fremden, vor allem bei Männern und am meisten bei großen Männern mit tiefen Stimmen und Bärten, oder bei jeder Person, die Gegenstände - Gartengeräte, Besen, Mopp, Sonnenbrille, Rucksack oder einen Hut trägt. Hunde die allgemein ängstlich auf die Umgebung reagieren, reagieren oft am stärksten, wenn sich fremde Menschen nähern, sie direkt ansehen, aus einer sitzenden Position aufstehen oder nach unten greifen, um sie zu streicheln.

Wenn der Hund mehrere Verletzungen, wie gebrochene Knochen oder Zähne oder Narben im Gesicht und am Körper hat, ist Misshandlung wahrscheinlicher. Natürlich könnten diese Verletzungen durch Unfälle entstanden sein und einige Formen der Misshandlung hinterlassen keine Narben. Dennoch ist ein Hund mit ungeklärten Anzeichen physischer Traumata eher ein Opfer von Misshandlung, als ein Hund ohne diese Anzeichen.
Wenn die Angst eines Hundes sehr spezifisch ist, ist es wahrscheinlicher, dass sie auf einem Trauma in Form einer Misshandlung beruht. Wenn ein Hund also Angst vor sommersprossigen, rothaarigen Kindern mit Brille in der Altersgruppe von 10 bis 12 Jahren, aber kein Problem mit allen anderen Kindern hat, ist es wahrscheinlicher, dass eine negative Erfahrung mit einem Kind auf das diese Beschreibung zutrifft, diese Angst verursacht. Wenn ein Hund andererseits nur problemlos mit Kindern klarkommt, die älter als 16 sind, wäre meine Vermutung, dass der Hund keine ausreichende Erfahrung mit vielen unterschiedlichen Kindern gemacht hat und er deshalb nur mit Kindern zurechtkommt, die Erwachsenen in Größe und Verhalten ähneln. Falls der Hund dagegen mit Männern klarkommt, solange sie keine Halbschuhe mit Schnallen tragen, wäre ich geneigt, Misshandlung zu vermuten. Die Spezifität der Ängste weist eher auf eine Misshandlung hin, während generell ängstliche Hunde auf eine breitere Palette von Auslösern reagieren.

Selbst im Fall einer spezifischen Angst müssen wir vorsichtig sein, auf Misshandlung als Ursache zu schlussfolgern. Ich hatte beispielsweise einen Kunden, dessen Hund nur gegenüber einer Person ängstlich und aggressiv reagierte. Das hört sich an, als ob diese Person den Hund schlagen könnte, oder? Nicht in diesem Fall. Der Mann, vor dem der Hund Angst hatte, war der Nachbar, der während eines Hausbrandes das Leben des Hundes gerettet hatte; dieser wunderbare Mann ging in das brennende Haus und trug den Hund hinaus, bevor die Feuerwehr kam. Bis dahin mochte der Hund diesen Mann, aber nach dem Brand hatte er Angst vor ihm, vermutlich weil er den Mann mit seiner schrecklichen Erfahrung verknüpft hatte.
Obwohl jeder der Hunde liebt, wissen will, ob ein bestimmter Hund misshandelt wurde, wird das gleiche Verfahren eingesetzt, damit ein Hund Ängste jeglicher Herkunft überwindet. Klassische Konditionierung, Desensibilisierung und Geduld hilft Menschen und Hunden dabei gleichermaßen. Es ist wichtig, einen ängstlichen Hund nicht mit Gewalt in Situationen zu zwingen, die Angst auslösen, sondern den Hund vor beängstigenden Umständen zu schützen. Seien Sie sanft und freundlich und verzichten Sie auf Strafe. Sie dürfen jeden Hund, der Angst zeigt unterstützen, ohne sich Gedanken über die häufige (aber falsche) Warnung zu machen, dass Sie diese Angst durch das Trösten verstärken. Akzeptieren Sie, dass aus vielen ängstlichen Hunden nie gesellige Mitläufer werden und lieben sie sie dafür, wie sie sind und nicht dafür, wie Sie Ihrer Meinung nach sein sollten.
Einige Menschen scheinen erleichtert zu sein, wenn ich ihnen sage, dass ihr Hund wahrscheinlich nicht misshandelt wurde, andere scheinen enttäuscht zu sein, weil sie die Geschichte von der Aufnahme eines misshandelten Hundes und das damit verbundene gute Gefühl, aufgeben müssen. Ich kann mit beiden Gruppen mitfühlen.
Ich kann die Erleichterung verstehen und ich kann auch verstehen, wie gut es sich anfühlt, einem Hund, der zuvor nur Grausamkeit kennengelernt hat, ein liebevolles Zuhause zu geben. Und obwohl ich letztendlich nicht sagen kann, welcher Hund mit unbekannter Vorgeschichte misshandelt wurde und welcher nicht, stimme ich mit anderen fortschrittlichen Trainern und Verhaltensforschern überein, dass misshandelte Hunde nicht so häufig vorkommen, wie man vielleicht denkt.
Viele wunderbare Kunden mit ängstlichen, reaktiven Hunden, haben zu mir gesagt: "Die Leute werden denken, dass wir ihn/sie misshandelt haben, aber ich schwöre, wir haben ihm/ihr nie wehgetan." Es freut mich, dass ich sie beruhigen kann, weil ich ihnen glaube und das aus einem sehr guten Grund.

*Brooks, Anna, et al. "Correlated changes in perceptions of the gender and orientation of ambiguous biological motion figures." Current Biology 18.17 (2008): R728-R729.
**“Sorge, Robert E., et al. "Olfactory exposure to males, including men, causes stress and related analgesia in rodents”, Nature methods (2014)
Quelle der Übersetzung: http://thebark.com/content/naturally-fearful-dogs